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Name, Ort/Land: Stephan Eissler, Tübingen, Germany
E-Mail: spw-info uni-tuebingen.de  ('@' entfernt -- Spam-Vermeidung!)
Zur Person: Stephan Eissler arbeitet und studiert am Lehrstuhl für politische Ökonomie an der Universität Tübingen. Bisherige Vorträge:
  • "Zwischen digitalem Kapitalismus und Wissensgesellschaft: Wohin führt der Weg?" Vortrag auf der Herbsttagung der Sektionen Wirtschafts- und Industriesoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie am 2./3. November 2001 im Landesmuseum Technik und Arbeit in Mannheim. Im Internet unter: http://www.oc4science.org/publications/item.php?number=12de1&method=print.html
  • "Das oc4-Projekt - ein Laboratorium zur Entwicklung nachhaltiger Konzepte für die Wissensgesellschaft". Auf der Tagung "Digitales Urheberrecht. Zwischen `Information Sharing´ und `Information Controll´ - Spielräume für das öffentliche Interesse an Wissen?" der Heinrich-Böll-Stiftung am 26.4.2002 in Berlin
 
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Vortrag : Eine liberale Kritik des so genannten "geistigen Eigentums" im digitalen Zeitalter 
Standortbestimmung politischen und ökonomischen Denkens im digitalen Zeitalter
Veranstaltungsdaten: 21. Mai / 15:00 / 2 Std. / Track A / Raum 3B / deutsch
Abstract: Derzeit lässt sich häufig beobachten, dass die gegensätzlichen Positionen in der Diskussion um das so genanntem "geistigen Eigentum"[1] in der öffentlichen Darstellung in die Schablonen herkömmlichen politischen Lagerdenkens gepresst werden: Demnach ist liberal und marktwirtschaftlich orientiert, wer sich in dieser Diskussion für den Schutz von so genanntem "geistigen Eigentum" ausspricht; links, systemkritisch und damit tendenziell revolutionär ist hingegen, wer gegen den Schutz von so genanntem "geistigen Eigentum" eintritt. Ob gewollt oder ungewollt wird den jeweiligen Positionen in der Debatte um das so genannte "geistige Eigentum" damit eine bestimmte Rolle in der öffentlichen Wahrnehmung zugeordnet:
  • Die Gegner bzw. Kritiker des so genannten "geistigen Eigentums" sind dem Linken Lager zuzurechnen. Aber wie die jüngere Geschichte gezeigt hat liegen "die Linken" mit ihren Theorien und Positionen falsch - so auch in dieser Debatte, denn nur der Schutz von Eigentum kann zu Fortschritt und Wohlstand führen. Eine Gesellschaft, in der sich das Prinzip des "Copyleft" und die Abschaffung (oder auch nur Einschränkung) des Patentschutzes durchsetzt, wäre daher nicht mehr konkurrenzfähig im Zeitalter der digitalen Wissensökonomie.
  • Seit Locke und Mill ist es gute liberale Tradition, die Institution des Eigentums gegen alle Kritiker zu verteidigen. Und wie die Geschichte gezeigt hat, lagen sie damit richtig. Folglich sind auch die Verteidiger des so genannten "geistigen Eigentums" dem liberalen Lager zuzurechnen. Sie stehen daher für Innovation, Wachstum, und Wohlstand im Zeitalter der digitalen Wissensökonomie. So weit die öffentliche Wahrnehmung der Rollen, die den beiden "Lagern" in der Debatte um das so genannte "geistige Eigentum" zukommt - eine Wahrnehmung die nicht nur falsch sondern auch fatal ist, da dadurch die Chancen einer breiten öffentlichen Akzeptanz einer Kritik am so genannten "geistigen Eigentum" deutlich geschmälert werden.
In diesem Vortrag soll nun gezeigt werden, dass das traditionelle Lagerdenken auf die Debatte um das so genannte "geistige Eigentum" nicht übertragen werden kann - so bequem und nahe liegend dies zunächst auch erscheinen mag. Es wird vielmehr die These vertreten, dass nicht nur aus der Perspektive linker Theorien die Institution des so genannten "geistigen Eigentums" abgelehnt werden müsste. Vielmehr ergäbe sich eine solche ablehnende Haltung gegenüber so genanntem "geistigem Eigentum" auch zwangsläufig aus liberalen theoretischen Grundannahmen. Wenn dies derzeit jedoch noch im Konjunktiv geschrieben werden muss, dann liegt dies daran, dass liberale Theoretiker derzeit noch kaum - und die (vermeintlich) liberale öffentliche Meinung noch viel weniger - in der Lage zu sein scheinen, in ihrer vermeintlich liberalen Position den Eigenschaften der wichtigsten Ressource im Zeitalter der digitalen Wissensökonomie gebührend Rechnung zu tragen: Der Ressource Wissen und Informationen. Daher soll im Hauptteil dieses Vortrags zweierlei gezeigt werden:
  1. Das derzeit besonders in der Politik sowie in der öffentlichen Meinung als "liberale" bzw. "wirtschaftsliberale" Position verkaufte Eintreten für den Schutz von so genanntem "geistigen Eigentum" ist nicht nur nicht mit liberalen Grundannahmen zu vereinbaren, sondern begünstigt darüber hinaus totalitäre Tendenzen. Unter liberaler Flagge wird also derzeit tatsächlich eher dem Ausverkauf liberaler Grundwerte der Boden bereitet!
  2. Folgt man liberalen Argumentationen, die seit Locke zur Rechtfertigung von Eigentum vorgebracht werden, dann kommt man zu einem überaus verblüffenden Ergebnis: Denn wenn man die liberale Argumentation zur Rechtfertigung von Eigentum an knappen Gütern für plausibel hält, und diese Argumentation auf den Bereich "Wissen und Information" anwendet, dann muss man zu dem Schluss kommen, dass die gleichen Argumentationen, die Eigentum an knappen Güter rechtfertigen, dies für den Bereich "Wissen und Information" negieren und hier vielmehr das Prinzip des Copylefts rechtfertigen.