Abstract: |
Derzeit lässt sich häufig beobachten, dass die gegensätzlichen Positionen in
der Diskussion um das so genanntem "geistigen Eigentum"[1] in der
öffentlichen Darstellung in die Schablonen herkömmlichen politischen
Lagerdenkens gepresst werden: Demnach ist liberal und marktwirtschaftlich
orientiert, wer sich in dieser Diskussion für den Schutz
von so genanntem "geistigen Eigentum" ausspricht; links, systemkritisch und
damit tendenziell revolutionär ist hingegen, wer gegen den Schutz von so
genanntem "geistigen Eigentum" eintritt. Ob gewollt oder ungewollt wird den
jeweiligen Positionen in der Debatte um das so genannte "geistige Eigentum"
damit eine bestimmte Rolle in der öffentlichen Wahrnehmung zugeordnet:
- Die Gegner bzw. Kritiker des so genannten "geistigen Eigentums" sind
dem Linken Lager zuzurechnen. Aber wie die jüngere Geschichte gezeigt hat
liegen "die Linken" mit ihren Theorien und Positionen falsch - so auch in
dieser Debatte, denn nur der Schutz von Eigentum kann zu Fortschritt und
Wohlstand führen. Eine Gesellschaft, in der sich das Prinzip des "Copyleft"
und die Abschaffung (oder auch nur Einschränkung) des Patentschutzes
durchsetzt, wäre daher nicht mehr konkurrenzfähig im Zeitalter der digitalen
Wissensökonomie.
- Seit Locke und Mill ist es gute liberale Tradition, die Institution
des Eigentums gegen alle Kritiker zu verteidigen. Und wie die Geschichte
gezeigt hat, lagen sie damit richtig. Folglich sind auch die Verteidiger des
so genannten "geistigen Eigentums" dem liberalen Lager zuzurechnen. Sie
stehen daher für Innovation, Wachstum, und Wohlstand im Zeitalter der
digitalen Wissensökonomie.
So weit die öffentliche Wahrnehmung der Rollen, die den beiden "Lagern" in
der Debatte um das so genannte "geistige Eigentum" zukommt - eine
Wahrnehmung die nicht nur falsch sondern auch fatal ist, da dadurch die
Chancen einer breiten öffentlichen Akzeptanz einer Kritik am so
genannten "geistigen Eigentum" deutlich geschmälert werden.
In diesem Vortrag soll nun gezeigt werden, dass das traditionelle
Lagerdenken auf die Debatte um das so genannte "geistige Eigentum" nicht
übertragen werden kann - so bequem und nahe liegend dies zunächst auch
erscheinen mag. Es wird vielmehr die These vertreten, dass nicht nur aus der
Perspektive linker Theorien die Institution des so genannten "geistigen
Eigentums" abgelehnt werden müsste. Vielmehr ergäbe sich eine solche
ablehnende Haltung gegenüber so genanntem "geistigem Eigentum" auch
zwangsläufig aus liberalen theoretischen Grundannahmen. Wenn dies derzeit
jedoch noch im Konjunktiv geschrieben werden muss, dann liegt dies daran,
dass liberale Theoretiker derzeit noch kaum - und die (vermeintlich)
liberale öffentliche Meinung noch viel weniger - in der Lage zu sein
scheinen, in ihrer vermeintlich liberalen Position den Eigenschaften der
wichtigsten Ressource im Zeitalter der digitalen Wissensökonomie gebührend
Rechnung zu tragen: Der Ressource Wissen und Informationen.
Daher soll im Hauptteil dieses Vortrags zweierlei gezeigt werden:
- Das derzeit besonders in der Politik sowie in der öffentlichen
Meinung als "liberale" bzw. "wirtschaftsliberale" Position verkaufte
Eintreten für den Schutz von so genanntem "geistigen Eigentum" ist nicht nur
nicht mit liberalen Grundannahmen zu vereinbaren, sondern begünstigt darüber
hinaus totalitäre Tendenzen. Unter liberaler Flagge wird also derzeit
tatsächlich eher dem Ausverkauf liberaler Grundwerte der Boden bereitet!
- Folgt man liberalen Argumentationen, die seit Locke zur
Rechtfertigung von Eigentum vorgebracht werden, dann kommt man zu einem
überaus verblüffenden Ergebnis: Denn wenn man die liberale Argumentation zur
Rechtfertigung von Eigentum an knappen Gütern für plausibel hält, und diese
Argumentation auf den Bereich "Wissen und Information" anwendet, dann muss
man zu dem Schluss kommen, dass die gleichen Argumentationen, die Eigentum
an knappen Güter rechtfertigen, dies für den Bereich "Wissen und
Information" negieren und hier vielmehr das Prinzip des Copylefts
rechtfertigen.
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